Deutsch

Das emotionale Diagramm – Emogramm – ist eine schematische Darstellung von Fakten in gefilterten Formeln. Das bewusste Aufeinanderprallen von Wortkonstruktionen in perspektivisch-gegensätzlichen und zugleich abhängigen Wechselverhältnissen erzeugt den Lösungsdruck, der in weitere irre und unvollständige Formeln führt. Die technische Aufmachung entspricht der Bewegung einer strukturierten Untersuchung, die Zusammenhänge systematisch aufzuspüren versucht und auf dem Weg der Suche die Orientierung verliert. Die Entdeckungsfahrt in der lockenden Form und den aromatischen Formeln selbst ist der Kreislauf des im zirkulierenden Verbrechen gefangenen Individuums.

Die berauschende Wirkung faszinierender Unvollständigkeit, die durch einen Index kommentiert, dem Betrachter perspektivische Reiseoptionen durch die schematische Malerei erlaubt, gleicht der Erfahrung irgend eines Geistesblitzes einer geselligen Stunde, indem z.B. ein substanzbeladener Mensch sich größenwahnsinnig allwissend empfindet. Oder ein Betrachter verortet und benennt einen Schuldigen, sich oder den Anderen dort, an einem der Orte an diesem oder jenen Zeitpunkt. Was durch Aroma der Sprache und strenge Formular-Form oberflächlich zur Entdeckung lockt, ist nichts Weiteres als ein unvollständiges Schaubild des verkommenen Aufbaus gesellschaftlicher Prozesse, Sackgassen und Optionen, die den Bevölkerungen aller Länder als unvermeidlich aufgetischt werden.

Die Falschbehauptung wird als Fake-News deklariert. Die Wahrheit wird als Fake-News deklariert. Die Falschbehauptung wird als echt deklariert. Die Wahrheit wird als echt deklariert. Es gibt keine Wahrheiten und kein Fake-News, die keinem nützen und keinem schaden. Es gibt aber Wahrheiten und Fake-News, die nur Wenigen nützen. Das Emogramm zielt in Form und Inhalt auf die Neuzusammensetzung ideologischer Wahrheitskonstruktionen, die zur Aufrechterhaltung staatlicher und privatwirtschaftlicher Verbrechen dienen. Das Spannungsverhältnis der geschriebenen und gesprochenen Sprache besteht im Nennen und Unterlassen. Das Artikulierte verweist zugleich auf das Nicht-Artikulierte, wenn der summierte komplementäre Gegenspieler Metatexte beschwört. Die Falschformel, da ohne Lösung definiert, provoziert den Betrachter, die Fragestellung im Leerraum der unterbliebenen Antwort zu suchen, worauf ihn die nächste Fragestellung überrollt.

In der Meinungsproduktion zirkulieren Wahrheitsbehauptungen und Fake-News-Zensuraktionen Hand in Hand. Die ökonomischen und politischen Eliten greifen zu. Die prekär Gestellten greifen zu. Alle greifen zu. Devil73 hated im Kommentarfeld, der Minister im Salon. Die moralische Absicherung wird mit immergleichen Formeln beschworen, die zyklisch die Raubzüge der Jeweiligen begleiten. Der Dauerton demokratischer Phrasen ist ein Lehrergemurmel, in dem die Lehrer im Kabinett ihrer eignen Moralisierung nicht entrinnen können. Die Folter besteht im Aushalten einer simulierten Zivilisationsdecke, die beliebig durchbrochen und widerhergestellt werden muss. Die Unbestrafbarkeit der großen Verbrecher macht jedes ihrer Worte gefährlich. Kein Wort steht für das Wahre, selbst wenn es wahr ist. Der Raum der Sprache selbst ist Verrat.

Im Emogramm werden Sprache und Verbrechen zusammengeführt. Die profanen Wahrheiten müssen nicht verbraucht klingen, denn die Perspektiven und Kombinationen sind unendlich. Vieles hängt im Moment der Behauptung vom Negativwert ab, dem Weissraum, der das Gesagte umgibt. Die bloße Erscheinung der Worte suggeriert Kraftfelder. Ihre Konstruktion, nur leicht modifiziert, dadurch vom Üblichen befreit, entkoppelt vom Missbrauch und versetzt die Sprache für den Moment des durch Überraschung provozierten Schocks in den Zustand des Vakuums, in ihr echtes Rampenlicht. Erneut zusammengesetzt, ermöglicht die Sprache für eine kurze Dauer den Zugang zu ihrer immanenten Bedeutung: der Repräsentation von demokratischem Zugriff vor dem Zugriff der Macht. Dann muss die freie Sprache verschwinden, es erscheint die Sehnsucht nach Tönen und Klang, nach Zeichen, Schemen und zu symbolischen Flächen komprimierten Blöcken, in welchen die pervertierte Zivilisation selbst ihrer Schuld zu entrinnen versucht und ihr Urwesen anhimmelt.

English

The emotional diagram - Emogramm - is a schematic representation of facts in filtered formulas. The deliberate clash of word constructions in perspective-opposing and at the same time dependent interrelationships creates the pressure to find solutions, which leads into further misleading and incomplete formulas. The technical presentation corresponds to the movement of a structured investigation that tries to systematically track down connections and loses its orientation on the way of the search. The journey of discovery in the alluring form and the aromatic formulas themselves is the cycle of the individual caught in the circulating crime.

The intoxicating effect of fascinating incompleteness, annotated by an index, allows the viewer perspective travel options through the schematic painting, resembles the experience of some flash of inspiration of a convivial hour, in that, for example, a substance-laden person feels megalomaniac omniscient. Or a viewer locates and names a culprit, himself or the other there, in one of the places at this or that moment. What lures superficially to discovery through flavour of language and strict form-form is nothing more than an incomplete diagram of the degenerate construction of social processes, impasses and options that are served up as inevitable to populations of all countries.

The false assertion is declared to be Fake News. The truth is declared to be Fake News. The false claim is declared to be real. The truth is declared to be genuine. There are no truths and no fake news that benefit no one and harm no one. But there are truths and fake news that benefit only a few. In form and content, the emogram aims to recompose ideological constructions of truth that serve to perpetuate state and private sector crimes. The tension between written and spoken language consists in naming and omitting. The articulated simultaneously refers to the non-articulated when the summed complementary counterpart invokes metatexts. The false formula, since defined without a solution, provokes the viewer to search for the questioning in the void of the omitted answer, whereupon the next questioning overtakes him.

In the production of opinion, truth claims and fake news censorship circulate hand in hand. The economic and political elites take hold. The precariously placed take hold. Everyone is grabbing. Devil73 hated in the comments section, the minister in the lobby. The moral safeguards are invoked with the same formulas that cyclically accompany the robberies of the respective. The continuous tone of democratic phrases is a teacher's murmur in which the teachers in the cabinet cannot escape their own moralising. The torture consists in enduring a simulated blanket of civilisation that must be broken and restored at will. The impunity of the great criminals makes their every word dangerous. No word stands for the true, even if it is true. The field of language itself is treason.

In the Emogramm, language and crime are brought together. The mundane truths need not sound used up, for the perspectives and combinations are infinite. Much depends on the negative value at the moment of assertion, the white space that surrounds what is said. The mere appearance of the words suggests force fields. Their construction, only slightly modified, thereby freed from the usual, decouples them from abuse and, for the moment of shock provoked by surprise, places language in a state of vacuum, in its true limelight. Reassembled, language allows access to its immanent meaning for a short duration: the representation of democratic access before the grip of power. Then free language must disappear, the longing for tones and sound appears, for signs, schemes and blocks compressed into symbolic surfaces, in which perverted civilisation itself tries to escape its guilt and adores its primordial being.

The attack has three powers: self-eliminating memory depth, historical gravity and egomaniacal splatter energy. By firing at the hated, the hated is negated but not eliminated. What remains is the submissive exiting element in the hierarchy, which must dialectically end in civilised décor. The looser aesthetic cannot win through content, because content is consumed by interpretive sovereignty. The punk throws the bag that produces supreme pleasure in the “spratzer”. Therefore, the phase of productive destruction is only the precursor of the next civilisational production monster. Now, apparently, form itself becomes freedom. The dance of destruction generates the transition into the temporarily timeless, as time generates intoxication in transitional phases.

Formzusammenfassung, Zensur, Symbole, Blöcke, Abteile, Formspannungen, Freiform, Verschachtelung, Basisgeometrien, Phantasien der Befreiung durch Formkraft. Historische Fetischalleen des flanierenden Sonntagsgehirns. Lauernd in jeglicher Maschine: der Verrat der hoffnungsvollen Losung. Sendeschluss, Nähmaschine, der Traktor des Proletkults wird rückwärts in die sinnlose Wachstumslogik projiziert. Die Treppe abwärts sprudelt nicht dem verheizten Söldner demokratische Guthaben herauf. Das Ende der Geschichte im Balanceakt der Kräfte, die durch Explosionslogik des kurzfristig richtigen Worts ins Ikonische greifen müssen. Dort dann: die geloopte Frisur, Rasur, Neuerfindung der schuldlosen Vokabeln, welche permanant im Dreck der Interessenmaschinerien verrecken. Aber: nur die intelligent-plakativ-reduzierte Suggestivkraft siegt über die brüchige Losungsoberfläche. Sie versteinert, wird rückblickend als dämlicher Freiheitstraum definiert, entschärft und aus ihrer durch Reinheit unanfechtbaren Fallhöhe aus ihrer Wirksamkeit entfernt.